Die "Gut-Drauf-Tanke" hat u.a. Möhren im Angebot - schließlich sorgt sie nicht nur für eine gesunde Seele, sondern auch für einen gesunden Körper.

Diakoniefest – Möhren, Brillen und Besuche

von Anna Neumann

26.09.2023

"Du sollst deinen Nächsten lieben..." hieß die Losung für den Sonntag. Wie passend: Hilfe für Nächste stand im Mittelpunkt des Diakoniefestes in Much.


Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, die biblische Geschichte über Nächstenliebe, bestimmte den Gottesdienst zu Beginn des Festtages. Den Appell von Jesus Christus übersetzten Pfarrerin Angela Scharf und Pfarrer Andreas Börner in Beispiele: Hilfe für die Menschen, die in Libyen vom Hurrikan und in Marokko vom Erdbeben getroffen sind. Hilfe für Menschen hierzulande, die dank „Tafel“ Obst und Gemüse erhalten. Barmherzigkeit heißt: sein Herz einer fremden Not öffnen. Barmherzigkeit definiert sich so: ein weiter Blick und ein weiches Herz.

Zu dem Diakoniefest hatten die drei evangelischen Gemeinden Much, Neunkirchen und Seelscheid eingeladen – weil sie einen Kooperationsraum bilden und enger zusammenarbeiten. Mit eingeladen war die Diakonie An Sieg und Rhein. Und so hatten die Menschen nach dem gut besuchten Gottesdienst die Möglichkeit, verschiedene Hilfen kennenzulernen.

„Chille“ und „Tanke“

Zum Beispiel die „Chille“ und die „Gut-drauf-Tanke“, die beiden mobilen Jugendangebote. Christina Schneider und Jürgen Meyer von der Diakonie hatten die beiden Busse also an diesem Sonntag vor der Kirche eingeparkt und standen Rede und Antwort über ihr offenes Angebot für Kinder und Jugendliche. Sie liefern beides: Vitamine für Körper und Seele.

Besuchsdienste

Die Besuchsdienstkreise aller drei Kirchengemeinden veranschaulichten ihre Aktivitäten. Ein gedeckter Tisch im Gemeindesaal machte augenscheinlich, dass der Trend Richtung Einladungen geht, um Gemeinschaft zu fördern. Traditionell sind es noch Besuche bei den älteren Gemeindemitgliedern. Vor allem Alleinstehende freuen sich.  „Oft gibt es viel zu erzählen. Das Wichtigste ist, dass wir zuhören“,  berichtet eine ehrenamtliche Besuchsdienstmitarbeiterin aus Neunkirchen. „Ich komme raus und die Leute freuen sich.“

Häufig kommen Lebensgeschichten zur Sprache, erzählt eine Frau aus dem Mucher Besuchsdienstkreis. „Vielleicht traue ich mich mehr zu fragen, vielleicht auch manches, was ich meine Eltern nicht gefragt habe.“ Und so ist für sie der Dienst erfüllend, denn sie erfährt „gelebtes Früher. Das finde ich interessant.“

Glückwunschkarten und Hefte mit Liedern, Gebeten und meditativen Fotos sind die Mitbringsel bei den Geburtstagsbesuchen. Beim Diakoniefest konnte man mit bunten Kügelchen voten, welche Exemplare besonders gut gefallen. Wenn in Neunkirchen demnächst ein Frühstück und in Much das „Erzählcafé“ für die betagten Gemeindeglieder angeboten werden, dann hat das zwei Aspekte: Weil die Menschen immer älter werden, erhöht sich die Zahl der Geburtstagskinder, so dass die Ehrenamtlichen mit den Besuchen an ihre Grenzen stoßen. Und wer bei einem Kaffee in seiner Gemeinde gratuliert bekommt, trifft auf andere, kommt in Gespräche, erfährt Gemeinschaft.

„Tafel“

Eine regelrechte Gemeinschaftsaktion ist die Tafel in Much, auch sie gehört zu den Hilfen, die sich beim Diakoniefest vorstellten. Träger der Mucher Tafel ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Bonn/Rhein-Sieg. Die Ausgabe findet im Evangelischen Gemeindehaus statt. Mehr als dreihundert Menschen versorgt die „Tafel“  jede Woche. Zucker, Honig, Mehl, Suppenpulver – neben vielen haltbaren Lebensmitteln packen die Mitarbeitenden den Bedürftigen Obst und Gemüse in die Taschen.

Die Zahl der Kunden steige, berichtet eine ehrenamtliche Mitarbeiterin. Die Hilfe wird wichtiger. Aber leider könnten die Taschen nicht mehr ganz so voll gefüllt werden, „wir müssen ja auch gerecht verteilen“. Noch in diesem Herbst möchte das Team eine Aktion wieder aufnehmen, die den Betroffenen auch sehr hilft und leider wegen Corona lange Zeit nicht möglich war: in den Ausgabezeiten den Gemeindesaal in ein Begegnungscafé verwandeln.

Suchthilfe

Ausprobieren war angesagt beim Stand der Suchthilfe der Diakonie An Sieg und Rhein. Diakonie-Mitarbeiterin Annette Schirner-Schleef hatte u.a. zwei Brillen mitgebracht, die die Folgen von Alkoholgenuss simulieren. Du denkst, du hast alles im Griff – aber der Blick ist wegen der zu vielen Promille verschwommen und das Gleichgewicht gestört – die für den Test aufgestellten roten Hütchen rennst du um. Oder man schafft es nicht, dem Gegenüber die Hand zu geben, verfehlt sie, weil man besoffen ist. Festgäste setzten die Brille oft schnell wieder ab, weil die Erfahrung echt unangenehm ist.

Er könne sich auch nicht davon freisprechen, schon zu oft zu tief ins Glas geschaut zu haben, bekannte ein Besucher im Gespräch. Er war lange in einem Verein aktiv, da sei Trinken üblich gewesen. Annette Schirner-Schleef weiß von diesen und anderen Beispielen: „Und alle haben ein Auge zugedrückt, auch die Polizei.“ Zum Glück verändere sich das. Aber ihr Appell bleibt wichtig: „Spielen Sie das Spiel nicht mit.“

„Man riskiert das Leben, auch von anderen“, wenn man zum Beispiel betrunken Rad oder Auto fährt, mahnt die Suchthilfe-Mitarbeiterin. Wer vom Alkohol wegkommen will, findet Hilfe: Die Suchthilfe macht Beratung leicht zugänglich und bekannt, auf Flyern und mit Informationen im Internet.

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