Foto: unsplash.com

„Interkulturell orientiert“: Mit Diversity nicht nur dem Fachkräftemangel begegnen

von Oeffentlichkeitsarbeit EKASuR

21.03.2022

Seit zwei Jahrzehnten arbeiten Verwaltungen und Organisationen an einer interkulturellen Öffnung, an selbstverständlicher Teilhabe für Menschen mit Einwanderungsgeschichte.


An gleichberechtigten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Forderungen an die Gesellschaft sind allein aus ethischen Gründen zwingend. Aber der demographische Wandel und damit verbunden der drängende Fachkräftemangel machen noch einmal mehr deutlich, wie sehr Deutschland eine vielfältigere Arbeitswelt braucht. Auf diesen Aspekt wies Professorin Martina Eckert, Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung NRW, in ihrem Impulsvortrag für die Veranstaltung „Interkulturelle und diversitätsorientierte Öffnung als Personal- und Organisationsentwicklung“ hin. Eingeladen hatten dazu die Integrationsagenturen des Caritasverbands, der Diakonie An Sieg und Rhein und der Kurdischen Gemeinschaft sowie das Kommunale Integrationszentrum des Rhein-Sieg-Kreises.

Laut Eckert wurde und wird der Boden dafür auch schon aus zahlreichen Perspektiven bereitet: Politisch, weil „Diversity“ so klar wie nie zuvor gefordert und gefördert wird, konzeptionell, weil die Gesellschaft sehr viel feinfühliger Diskriminierungen wahrnimmt. Und doch hängt die interkulturelle Öffnung nicht zuletzt von den Werten der handelnden Personen ab: Schlicht geht es da zum Beispiel um das Knowhow in den Personalabteilungen über kultursensible Instrumente oder Auswahlverfahren.

In Workshops vertieften die Teilnehmenden des Fachtags Fragen an die konkrete Umsetzung interkultureller Öffnung in der Arbeitswelt. Ebenso wie Eckert führt hier Professor Jürgen Bolten von der Universität Jena einen Fachkräftemangel als wichtigen Motor für die interkulturelle Öffnung von Unternehmen oder Verwaltung. In seinem Bundesland Thüringen ist dieser Mangel wegen der Abwanderung qualifizierter Menschen besonders deutlich zu spüren.

Und er benennt schonungslos Gründe: Feindlichkeit und Ressentiments gegenüber Menschen mit Einwanderungsgeschichte. „Diversität“, so Bolten, werde als Bedrohung in der Gesellschaft wahrgenommen. Deshalb hob er die nüchterne Aufklärung mit Zahlen und Fakten als wichtige Grundlage für einen Dialog hervor. Und überall dort, wo echte interkulturelle Kontakte bestünden, würden Vorurteile kleiner, weist Bolten wissenschaftlich nach.

Ernesto Che Wiafe von der diakonischen Kinder- und Jugendhilfe Bremen forderte in einem weiteren Workshop zudem, dass die Geschäftsführungen und Leitungen der Unternehmen von der Integration vieler Kulturen überzeugt sein müssen. Auch Mitarbeitervertretung oder Betriebsrat seien einzubeziehen. Ganz konkret könnten Unternehmen durch die Art ihrer Stellenausschreibungen durch ihre Öffentlichkeitsarbeit oder ein Angebot an Fortbildungen Stellschrauben setzen.

Das unterstreicht auch Beatrix Lenzen von der Stadt Jülich. Hier sind Stellenausschreibungen für Auszubildende bewusst in mehrere Sprachen übersetzt worden, damit Eltern mit Migrationshintergrund für ihre Kinder auch Wege in den Blick nehmen – etwa in der städtischen Verwaltung –, auf die sie sonst gar nicht gekommen wären.

Ganz konkret stellte die Justiziarin und Gleichstellungsbeauftragte des kommunalen Entsorgungsunternehmens im Rhein-Sieg-Kreis (RSAG) Jana Goldmann vor, wie ihr Arbeitgeber vorgegangen ist, um sich interkulturell zu öffnen. „Wir haben uns zum Beispiel die Frage gestellt, wie wir miteinander umgehen, ob wir ehrlich, offen und tolerant sind.“ Gemeinsam hat die Mitarbeiterschaft Werte formuliert, die nun im Leitbild verankert sind.

Mit einer Dienstvereinbarung in einfacher Sprache haben sich alle Mitarbeitenden des Entsorgungsunternehmens verpflichtet, sich an diesen Werten der Antidiskriminierung zu orientieren. Vertieft hat die RSAG ihr Ziel mit Fortbildungen für Führungskräfte ebenso wie für die Teams. Auch den ursprünglichen Leitsatz „Wir sind alle gleich“ hat die RSAG für sich umformuliert: „Wir sind alle unterschiedlich.“

Dörte Staudt

 

Link

zur Integrationsagentur der Diakonie An Sieg und Rhein