Migrationsberatung stärken, Zusammenhalt fördern
von Anna Neumann
17.09.2024
„Wer heute an den Migrationsfachdiensten spart, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt von morgen“, sagt Diakonie-RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann anlässlich der Aktionswoche Migrationsberatung. „Wir brauchen mehr Präventions- und Beratungsangebote, nicht weniger.“
Mit Blick auf die Diskussion nach dem Anschlag in Solingen mahnt der Theologe mehr Sachlichkeit an. „Schutzsuchende haben ein Recht auf Beratung. Diese schafft gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Es ist unerträglich, dass fachliche und rechtliche Beratung in Asylverfahren derzeit verunglimpft wird“, so Heine-Göttelmann. „Die Mitarbeitenden in den Migrationsfachdiensten arbeiten hoch professionell. Selbstverständlich folgen die Sozialarbeiter*innen und Berater*innen dabei immer ihrer jeweiligen Mandatierung und bewegen sich stets im geltenden gesetzlichen Rahmen unseres Rechtsstaats.“
„Migrationsberatung unterstützt das Ankommen in Deutschland“, sagt Heine-Göttelmann. „Sie ermöglicht einen ersten Zugang in unsere Gesellschaft, erleichtert den Weg in Ausbildung und Beruf und senkt somit Integrationskosten und Sozialausgaben für die Zukunft.“ Doch obwohl der Beratungsbedarf steigt, planen sowohl der Bund als auch die Bundesländer, in diesem Bereich zu sparen.
Unabhängige Asylberatung erhalten
Die nordrhein-westfälische Landesregierung will ihre unabhängige Asylverfahrensberatung (AVB) streichen. Gleichzeitig plant sie, ihre Landesaufnahmeeinrichtungen von derzeit 57 auf 75 zu erhöhen. „Der tatsächliche Beratungsbedarf wird bereits jetzt nicht gedeckt. Mit der Streichung wären in derzeit 35 Landesaufnahmeeinrichtungen keine Berater*innen mehr tätig – bei dem geplanten Kapazitätsausbau bekämen Asylantragsstellende in zwei von drei Einrichtungen keine unabhängige Rechtsberatung mehr“, sagt Heine-Göttelmann. „Der Wegfall der Landesförderung führt zu einer erheblichen Versorgungslücke und beschneidet die Rechte der Geflüchteten.“ Die EU-Verfahrensrichtlinie gewährt Geflüchteten ein Recht auf unabhängige Beratung in ihrem Asylverfahren.
Der NRW-Haushaltsentwurf sieht somit eine Zerschlagung und deutliche Reduzierung des seit knapp 30 Jahren etablierten Förderprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten“ (SBvG) vor. Statt 35 Millionen Euro sollen 2025 nur noch 12,9 Millionen Euro zur Verfügung stehen. „Wir befürchten, dass die Pläne die lokale Expertise und das Subsidiaritätsprinzip gefährden“, sagt der Diakonie RWL-Vorstand. „Geflüchtete müssen Zugang zu unabhängiger Beratung haben, die ihre Rechte schützt und ihnen hilft.“
Den Plänen zufolge soll auch die Asylverfahrensberatung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge komplett gestrichen werden. Zudem sollen einige Aufgaben zusammengestrichen werden, andere, wie im Fall der sogenannten Rückkehrberatung in den Landesunterkünften an die Zentralen Ausländerbehörden übertragen werden. „Es ist unklar, wie staatliche Institutionen unabhängige Rechtsberatung sicherstellen wollen. Das verursacht zwangsläufig Interessenskonflikte.“
MBE ist Hebel für Integration
Das Bundesprogramm „Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte“ (MBE) soll nur 77 Millionen Euro erhalten – etwa so viel wie 2024. „Angesichts der steigenden Kosten kommen die gleichbleibenden Mittel Kürzungen gleich“, ordnet der Diakonie RWL-Vorstand ein. „Wir bräuchten mindestens wieder die 81,5 Millionen Euro entsprechend dem Niveau von 2023, um die Migrationsberatung als wichtigen Hebel für Erwerbsintegration und Arbeitskräftesicherung zu erhalten.“
#AnkommenUnterstützen
Um die Zukunft ihrer Flüchtlings- und Migrationsarbeit zu sichern, ruft die Freie Wohlfahrtspflege vom 16. bis 20. September zur Aktionswoche Migrationsberatung auf. Unter dem Motto #AnkommenUnterstützen wird die Arbeit der bundesgeförderten Programme im Bereich Integration und Flucht vorgestellt: die Migrationsfachdienste Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE), Jugendmigrationsdienste (JMD), Asylverfahrensberatung (AVB) und Psychosoziale Zentren (PSZ).
Link
MBE und Flüchtlingsberatung der Diakonie An Sieg und Rhein
Pressemitteilung der Diakonie RWL