Das Waschbecken und andere Elemente sind markiert, die Seife nur für die Menschen erkennbar, die nicht auf Kontraste angewiesen sind: Blick ins Badezimmer der "Musterwohnung Demenz".

Zu Hause leben – auch mit Demenz

von Anna Neumann

28.04.2023

Du hast die Brille auf der Nase, die die eingeschränkte Sehkraft eines älteren Menschen simuliert. Irgendwie kommst du in diesem Badezimmer klar.


Nur als du aufgefordert wirst, die Seife zu benutzen, findest du sie nicht. Du guckst links und rechts vom Wasserhahn – keine Seife, nirgendwo. „Nimm bitte die Seife“ – die wiederholte Aufforderung macht die Sache nicht besser. Warum drängelt da jemand, wenn doch weit und breit keine Seife in Sicht ist? Das Bad füllt sich mit einer Atmosphäre von Konflikt.

Auflösung: Das Stück Seife liegt an vermuteter Stelle. Weiße Seife auf weißem Waschbecken. So gut wie konturlos. Jedenfalls für Menschen mit Seh-Einschränkung. Ein Klassiker – jedenfalls aus Sicht von Fachfrauen. Die Brille kann aufsetzen und den Test selbst vornehmen, wer die Ausstellung „Musterwohnung Demenz“ besucht, zurzeit zu sehen in der Halle der Diakonie An Sieg und Rhein in Troisdorf. Zu der Ausstellung laden die AOK Bonn – Rhein-Sieg – Euskirchen und der Caritasverband Rhein-Sieg ein.

Es ist eine mobile Version – in der ursprünglichen Ausstellung ist eine echte Wohnung aufgebaut. Mit Bad, Küche und Wohnzimmer, mit Möbeln, Tapeten, Geschirr. In Troisdorf bilden die raumgroßen Fotos die Situation gut ab. Weil sozusagen Fehler in die Bilder eingebaut sind, kann die Ausstellung nur mit Führung besucht werden. Erläuterungen, Gespräche und eigene Tests ermöglichen Rollenwechsel bzw. das Eindenken in die Perspektiven von alten Menschen mit Einschränkungen, vor allem mit Demenz.

Kontraste geben Orientierung

Und so geht es auch um die Umrüstung privater Wohnungen und ein Umdenken in der Kommunikation mit den Betroffenen. Farbliche Kontraste gehören zu den äußeren kleinen Hilfen. Im Bad. Oder auch am gedeckten Tisch. Und der Tonfall muss aufmerksam bleiben – wenn es beispielsweise nicht um Sturheit oder Bockigkeit geht, sondern um eine übersehene Seh-Hürde wie im Fall der Seife.

Die meisten Menschen möchten gern daheim wohnen bleiben. Deshalb sei es wichtig, demenziell Erkrankten sowohl Orientierung also auch Sicherheit zu bieten, erläuterte Helmut Schneider, Regionaldirektor der AOK Rheinland/Hamburg in Bonn, in seiner Begrüßung.

Troisdorfs Bürgermeister Alexander Biber lobte, dass die vorgestellten Selbsthilfen Angehörige wirklich konkret unterstützen. Für ihn ist die „Musterwohnung Demenz“ auch selbst ein „Muster“ – für den zwanglosen Umgang mit einer Krankheit.

Sprachmittler*innen unterstützen auf Wunsch

Um Zugangsbarrieren für Angehörige mit Migrationsgeschichte abzuräumen, werden jetzt in Troisdorf erstmals auch Führungen in verschiedenen Fremdsprachen angeboten, betonte Rosa Prinz vom Caritasverband Rhein-Sieg. Sprachmittler*innen unterstützen dabei, Rückfragen in verschiedenen Muttersprachen zu beantworten.

Über die heitere und effiziente Kooperation freute sich Jutta Spoddig, Teamleiterin Hilfe für Menschen im Alter im Sozialpsychiatrischen Zentrum der Diakonie An Sieg und Rhein. In ihrer Begrüßung verwies sie u.a. darauf, dass die Ausstellung sinnvollerweise in einer barrierefreien Halle zu Gast ist.

HINWEISE

Die Ausstellung ist noch bis 5. Mai zu Gast in Troisdorf. Anmeldungen unter 0211 8791-58710 oder
Für zweisprachige Führungen: Rosa Prinz, 02241 1209216,

Links

Infos über die Musterwohnung Demenz
Hilfe im Alter